ICH, die Ausländerin!
Fast alle Menschen sind Ausländer – irgendwo auf der Welt.
Diesen Spruch, den ich vor 30 Jahren auf einem Auto las, kommt mir immer wieder in den Sinn, wenn ich Bilder vom derzeitigen Flüchtlingsstrom sehe. Vor einem Vierteljahrhundert habe ich selbst mein Heimatland verlassen, um zuerst im schönen Nachbarland Schweiz zu arbeiten und später in Asien. Kultur ist ein grosses Wort. Jede Person und Familie hat eine eigene Kultur, erst recht jede Region und jedes Volk. Ein Schritt vor die Tür und ich bin in meiner Herkunftskultur durch eine andere Kultur bereichert – oder konfrontiert? Je nachdem, wie man es sieht. Bedrohung oder Bereicherung? Mein Bewusstsein ist in dieser Hinsicht sehr gewachsen. Bin ich die typische Ausländerin, vor der die Menschen Angst haben? Wie verhalte ich mich? Wie spreche ich? Spätestens wenn ich den Mund öffne, hören alle, dass ich nicht in der Schweiz aufwuchs. In Asien sieht man mir sogar die Ausländerin an. Dort kann ich meistens die Einheimischen verblüffen, weil sie mich sprachlich (meistens) verstehen. Das löst das angsterfüllte Gesicht und macht echte Begegnungen möglich.
Fühle ich mich in meiner eigenen Haut wohl, gehe meiner Arbeit nach, vergesse ich bald einmal, dass ich in der Fremde lebe. Zumindest bis zu dem Zeitpunkt, dass ein Kind auf mich zeigt und ruft: Schau, eine alte Fremde! Das wäre das Schimpfwort für Ausländer direkt aus dem Chinesischen übersetzt. Es gibt noch zu wenige in diesem grossen Land im Fernen Osten, als dass es normal wäre, Menschen anderer Rasse und Hautfarbe zu sehen. Dabei haben es Kaukasier noch gut. Wehe es taucht ein Afrikaner auf. Dann geht die Furcht vor dem Schwarzen Mann um.
Unsere Welt verändert sich im Moment so rasch, dass wir herausgefordert sind, neue Fähigkeiten zu entwickeln, um mit den vielen Migranten dauerhaft zusammenleben zu können. Insgesamt ist ein Drittel der Weltbevölkerung unterwegs. Die meisten innerhalb ihres eigenen Landes. Indien und China stehen hier an erster Stelle.
Nur eine kleine Minderheit kommt zu uns nach Mitteleuropa.
Wie sind sie aufgewachsen?
Welche Werte bringen sie mit?
Was ist für sie wichtig?
Welche Lebensträume haben sie?
Welche Lebensphilosophie hat ihren Alltag geprägt?
Wie sieht es mit deren Religion aus?
Diesen und ähnlichen Fragen wollen wir in künftigen Beiträgen in der Kategorie nachgehen. Hier finden sich auch Tipps im Umgang mit den neuen Nachbarn. Manchmal sind es auch Hilfen aus der Völkerkunde, die uns unsere momentane Lage besser verstehen lassen. Und sicherlich findet alles seine individuelle Anwendung. Ich suche gerne nach einer Lösung mit dir.
Für heute soll der Anstoss genügen: Wie fühle ich mich als Ausländer? Im Urlaub oder bei einem Sprachaufenthalt? Im Auslandssemester oder als Fremdarbeiterin?
Schreib hier unten deine Erfahrung. Deine Stimme zählt.