Viel zu tun?
Ein ergänzender Vorschlag zur ICH-Lösung
Das „Psychologie Heute“ Heft vom Mai erschien unter demselben Titel. Ja, genau, dachte ich, ich habe viel zu tun. Natürlich, schliesslich möchte ich diese Welt zu einem besseren Ort machen durch meine Arbeit. Diese Welt gestalten ist ein grosses Privileg. Ich blätterte das Heft durch, las die Artikel und legte es wieder zur Seite. Klar, Daniel Levitin wurde zitiert und rezipiert – wie können wir unser Gehirn organisieren und optimieren. Ziel: sich vom Alltag nicht überwältigen zu lassen. Ich legte das Heft auf meinen Stapel „interessante Inspiration, vielleicht noch zu gebrauchen“.
Im weiteren Nachdenken über das Thema fiel mir auf, dass in all den Artikeln etwas fehlte. Ich müsste mich schwer täuschen, aber irgendwie las ich nichts darüber, dass es vielleicht als Team oder mit anderen Kollegen leichter ginge zu arbeiten. Der Inhalt zielte immer darauf ab, wie ICH besser klar kommen könnte mit MEINER Situation. Naja, das ist auch verständlich, war das März-Heft dem Thema „Eigensinn“ gewidmet. Langsam dämmerte es mir, dass die Grundlage des Denkens dieses Magazins grundlegend individualistisch ist. Ich bin ganz selbst auf mich gestellt. Das Individuum ist das Zentrum der Welt und sucht nach Lösungen seiner Misere – irgendwo in der Welt und darüber hinaus vielleicht auch in der Spiritualität.
Aber hatten wir das nicht schon seit René Descartes versucht? Ich denke, deshalb bin ich. Die Begründung der Menschenzentriertheit und des Individualismus. Sicherlich eine Befreiung damals aus dem starken Gruppengefüge der Gesellschaft. Das autonome Selbst wird heute gefeiert und zugleich steigt die Zahl der psychischen Krankheiten. Mehr vom selben Denken soll Abhilfe schaffen?
Ein Glück, dass es dazu zunehmend andere Stimmen gibt. Letzten Herbst stiess ich auf das Buch von Peter Aceto, Weology – ein fast unübersetzbares Wort im Deutschen. Aber sofort klang etwas in mir an. Jawohl, das WIR-Gefühl stärken. Das wäre der Schlüssel. Eine Zeit lang wurde das Teamwork in den Firmen gefördert und gelobt. Mittlerweile setzte auch dazu eine Ernüchterung ein – da gibt es öfters Trittbrettfahrer. Jene Mitarbeitenden, die mehr mitschwimmen als dass sie einen guten Beitrag zum Ganzen leisten. Trotzdem möchte ich uns alle ermutigen, die Solidarität unter Kollegen in den Blick zu nehmen. Wir sitzen alle im gleichen Boot. Wie wäre es, um Hilfe zu bitten? Und entsprechend dem Kollegen auch Hilfe anbieten. Wie viel leichter wäre unser Arbeitsalltag, unsere Leiterschaft, unser Chefsein, wenn wir partizipativ denken und handeln würden? In der intensiveren Zusammenarbeit mit jungen Menschen stelle ich fest, dass es mein einziger Ausweg ist, nicht mehr überlastet zu sein: Die Arbeit und auch Verantwortungen in kleine Teile zerlegen und dann delegieren und engmaschig betreuen. Ich bin bereits nach kurzer Zeit total begeistert, welche genialen Ergebnisse dabei entstehen. Probiers auch aus. Wenn du Fragen dazu hast oder weitere Tipps brauchst, mach einen Termin auf Pickmybrain.
Elke Pfitzer