Yes, we can! – Teil 1

Was tun mit den vielen neuen Nachbarn?

Bootsflüchtlinge vor Sizilien. Wikimedia Commons/Vito Manzari/CC BY 2.0
Immigrati Lampedusa. Vito Manzari/CC BY 2.0

„Wir können doch nicht alle aufnehmen! Wo führt das hin? Das sind so viele! Und jetzt bleiben unsere eigenen Armen auf der Strecke – die Tafelläden werden nun auch von Flüchtlingen besucht.“ … Ungefähr so klingt es in den letzten Monaten, wenn ich im privaten Kreis mit Freunden und Familie zusammenkomme. In aller Ratlosigkeit und vermeintlicher Überforderung wage ich ein paar Aspekte hinzuzufügen, die mir in jeder Diskussion zu fehlen scheinen. Ein Anstoss zum Nachdenken und zum selber Nachforschen.

Die Medien überfluten uns mit Bildern und Reportagen jener Menschen, die ihre Heimat verlassen und in so grosser Zahl vor unserer Haustür stehen. Die aktuelle Politik in Europa wird vom Flüchtlingsstrom und all den verwandten Themen überschattet. Das Gefühl der Überforderung hat sich breit gemacht. Tatsächlich: Wir waren in Mitteleuropa nicht darauf gefasst. Irgendwie war Lampedusa so lange so weit weg. Bis auch die Menschen im vorderen Orient ihren letzten Mut und letzte Kraft zusammengenommen und sich auf den Weg nach Mitteleuropa gemacht haben.

Ich habe beobachtet, dass oft der Staat zu Hilfe gerufen wird. Schliesslich sind wir es gewohnt, dass er uns sehr viele Probleme abnimmt. Aber was tun, wenn auch das Staatssystem überfordert ist? Was ist, wenn politische Lösungen nicht genügen? Eigentlich sind wir auch mit der Frage über die Rolle des Staates konfrontiert. Was kann und soll der Staat wirklich tun? Diese Diskussion werden wir wohl an anderer Stelle weiterführen müssen.

1. Private Initiativen

Sehr hoffnungsvoll und ermutigend sind nämlich bereits sehr viele private Initiativen. Das spornt an, kann aber nicht jeder von uns. Auch die einzelne Person wäre überfordert. Deshalb ist private Initiative nicht mit einer individuellen gleichzusetzen! Ich schlage vor, dass wir uns in Gruppen und Gemeinschaften zusammentun, um auch die Solidarität unter den Helfenden zu gewähren. Aus der Geschichte lernen wir, dass Völkerwanderungen, Flüchtlingsströme aller Art nicht eine kurzfristige Sache ist. Integration in eine neue Gesellschaft, eine neue Heimat aufbauen dauert zuweilen ein bis zwei Generationen. So wäre jetzt wohl in dieser privaten Initiative Nächstenliebe angesagt, – aber ohne Hüftschüsse, nicht nur kurzfristig, sondern mittel- bis langfristig anlegt. In den sozialen Berufen und jenen im Gesundheitswesen lernen wir, dass der Helfende sich auch selbst pflegen muss. Wer immer nur gibt, muss auch mal auftanken. Das ist nur in funktionierenden Teams, wo man sich aufeinander verlassen kann, möglich. Wir können das sicherlich.

2. Eine effiziente Logistik

Ein anderer Aspekt, den ich in solchen Gesprächen immer wieder anbringe ist die Begabung, die wir im deutschsprachigen Raum entwickelt haben: Wer auf anderen Kontinenten reiste oder lebte kann bestätigen – Nirgends in der Welt ist die Administration und Logistik so effizient wie hier. Wir haben Kompetenzen. Natürliche Leiterschaftsbegabungen. Wir denken voraus und an alle Eventualitäten. Wir sind Weltmeister im Organisieren! Und das von der untersten Ebene bis zu den höheren Stellen. Natürlich weiss man in neuen Situation nicht gleich, was wirklich funktioniert, aber die Adaptionsfähigkeit von Deutschen, Schweizern und Österreichern ist enorm, und am nächsten Tag läuft es schon um 100 % besser. Wir lernen und wenden unsere praktischen Fähigkeiten an. Wir paaren Organisationstalent mit Mitmenschlichkeit und deshalb werden wir die vielen Menschen aus anderen Ländern bei uns integrieren können. Das Wichtigste: Keine Angst und keine Miesmacherei! Uns selbst aufzureiben, und auf die anderen Hilfeleistenden, Behörden und Politiker zu schimpfen – das wäre jetzt kontraproduktiv! Etwas weniger Nachrichten schauen und dafür mehr das reale Leben vor der Haustür wäre jetzt ratsam.

Nächste Woche widmen wir uns drei weiteren Aspekten.

Herzlichst,
Unterschrift Elke