Herr Xi spricht Chinesisch

Eine Randbemerkung zum Auftritt beim WEF 2017

Presiden China Hadiri APEC 2013. APEC 2013/CC BY 2.0

Xi Jinping spricht Chinesisch. Na und, denkt ihr. Interessanterweise hat er diese Sprache auch gewählt, als er letzte Woche seine lange Rede am Weltwirtschaftsforum in Davos hielt. Für uns, die wir uns durch die Schule und verschiedene Fremdsprachen mühen, stellt sich die Frage: Ja, kann er denn kein Englisch? Repräsentiert er tatsächlich sein Volk, das zu 90% kein Englisch spricht, obwohl sie fast jährlich an irgendwelchen Englischprüfungen sitzen?

Nein, so kamen wir bei einer Diskussion am Tisch zur Schlussfolgerung – er könnte Englisch reden, er ist ein sehr gebildeter Mann. Aber die Wahl der Sprache ist eine Botschaft an sich. Frau Bundespräsidentin Leuthard tut dasselbe: In dem sie – wie gewohnt – in verschiedenen Sprachen der Schweiz spricht, zelebriert und betont sie eine positive Vielfalt, unterstreicht Respekt und die Achtung des jeweils Anderen. Und damit lädt sie ein und heisst willkommen.

Herr Xi kommt gänzlich aus einer anderen philosophischen Ecke. Es lebe die Einheit! Nur in der Einheit kann ein Land stark sein. Unterschiede und Vielfalt sind zu verneinen und schnellstmöglichst zu integrieren – freiwillig oder unfreiwillig. Natürlich wissen wir alle, dass dies nicht der Realität des Menschen entspricht. Schließlich hat jeder Mensch seine eigenen Hirnwindungen, die eine große Kreativität hervorbringen und sich immer von denen des Nachbarn unterscheiden. Nur deshalb sind wir geprägt von der Überzeugung, dass jeder Mensch einzigartig ist.

Aber es gibt leider die Philosophie des Monismus. Eins ist die gelobte Zahl. Zwei ist schlecht, Drei geht gar nicht. Dem liegt die Erfahrung und das Gefühl zu Grunde, dass Vielfalt Konflikte hervorbringt, Konflikte Leid erzeugen und damit schlechte Gefühle zurückbleiben. Entsprechend ist diese Vielfalt bereits an der Basis zu unterdrücken. Für das gesellschaftliche Zusammenleben in Asien wurde deshalb vor Jahrtausenden der monistische Weg gewählt. Alle haben sich unter einem Haupt zu vereinen.

Weltpolitisch geht Herr Xi genau diesen Weg. Und die Botschaft lautet: Wenn ihr keine Kriege in der Welt wollt, dann verneigt euch vor uns. Wir zeigen euch, wie durch Einheit Harmonie auf Erden hergestellt werden kann. Anerkennt uns als Nummer Eins in der Welt und wir werden überall eine Sinosphäre herstellen. Zur Belohnung gibt es Brot und Spiele.

Entschuldigt meine Ironie. Hier treffen zwei Grundüberzeugungen aufeinander. Wir wissen alle, dass eine erzwungene Harmonie Unterdrückung für die Mehrheit der Bevölkerung bedeutet. Vom großen militärischen Aufgebot des chinesischen Staates ganz zu schweigen. Deshalb stehen wir alle immer wieder vor dieser Wahl: Ist Vielfalt, Andersartigkeit und Kreativität eine gute Sache, auch wenn sie Auseinandersetzungen mit sich bringt, oder wünschten wir uns einen Herrscher, der sagt, was zu tun ist, um Einheit und Harmonie herzustellen.

Für manche ist das eine schwierige Entscheidung in unserer leidscheuen Gesellschaft. Was denkst du? Wie ist das für dich mit Konflikten und dem Frieden und der Harmonie? Schreib einen Kommentar hier unten. Ich freue mich auf die Diskussion. Sie ist sehr wichtig!

Herzlichst


Elke Pfitzer