Langfristig gewinnen die Geduldigen

Erfolgreich ist, wer warten kann

Trondheim Angeln. Manu el Loco/CC BY-SA 2.0

Es ist ein seltsames Paradox. Da bewundern wir Menschen, die lange auf ein wichtiges Ereignis warten können, uns selbst werden dabei schon die fünf Minuten lang, die wir am Morgen auf den Bus warten.

Insgeheim beneiden wir jene Menschen, die sich Zeit nehmen, um ein wenig mit der Frau im Supermarkt an der Kasse zu plaudern. Oder jene, die den anderen den Vortritt lassen. Das Vorwärtsdrängen hat so manchen von uns in eine innere Hektik getrieben. Allerdings ist nicht nur bei den über 50jährigen die Tendenz sichtbar, das Wartenkönnen als besondere Kompetenz zu sehen. Mit der Achtsamkeitswelle wird auch die Tugend der Geduld wieder prominenter. Natürlich soll es ein Abwarten, Pausieren oder Hinauszögern für die beste Option sein. Wir können Zeit gewinnen, für bessere Entscheidungen, bessere Leistungen und klügere Lösungen.

Schauen wir doch ein paar Lebensbereiche an, wo das anwendbar wäre.

Kommunikation

Der größte Teil unserer Alltagskommunikation besteht darin, dass wir uns sprechend präsentieren. Wir erzählen von unseren Ideen und Erfahrungen, wollen überzeugen, behaupten, besänftigen, kooperieren, beeindrucken. Kurz: wir wollen gehört werden. Interessanterweise denken die meisten, dass wenn sie viel reden, ihre Botschaft sicher ankommt. Die Forschung zeigt allerdings, dass eine Präsentation mit Sprechpausen überzeugender wirkt. Allerdings braucht das Übung, Kontrolle und Bewusstheit. Wenn wir nach einem Satz schweigen, wird der vorangehende Satz noch wichtiger. Aber meistens sind wir angespannt und vergessen beim Reden zu atmen. Warten erfordert Mut zur Lücke, eben: zum Schweigen.

Geld und Finanzen

Ungeduldige Kaufentscheidungen können kostspielig sein. All zu oft folgen wir dem Herdentrieb, unter dem Motto „Alle machen es jetzt so“. Oder wir geben der Neigung zur Überreaktion auf Veränderungen nach. Dann können wir die Risiken nicht richtig einschätzen und lassen uns zu schnell auf riskante Geschäfte ein. Abwarten ist eine große Stärke bei Geldgeschäften. Warren Buffet, als erfolgreichster Investor unserer Zeit, spricht davon, dass er kein Aktivist ist, sondern er den richtigen Moment abwartet. Auch das braucht Mut, einige Chancen vorbeigehen zu lassen, bis die eine passende kommt.

Gesundheit

Geht es um unsere Gesundheit, haben wir Angst, im Kampf dagegen, etwas zu verpassen. Krankheit und das Gefühl, nicht einsatzfähig zu sein, quält uns so sehr, dass alles getan wird, den Alltag in seiner normalen Hektik bewältigen zu können. Schon eine schwerere Erkältung im Winter zeigt unsere Ungeduld. Dabei weiß jeder, dass der menschliche Körper die Viren selbst bekämpft und wir nur die Symptome lindern können. Aber es braucht halt seine zwei oder drei Wochen, bis man wieder fit ist. Für viele ist das eine größere Geduldsprobe. Wir leiden nicht gerne. Dabei hätte der Körper genügend Selbstheilungsreserven, so dass mit Abwarten manches Geld für Medikamente eingespart werden könnte.

Entschuldigung

Wir alle machen Fehler. Es gibt Täter und es gibt Opfer des menschlichen Handelns. Ratsam ist auch hier, eine Tat zu reflektieren und in aller Ruhe zum richtigen Zeitpunkt sich zu entschuldigen. Dann wird das Opfer leichter vergeben können, weil es sich ernst genommen fühlt. Ein schnelles „tut mir leid“ kann schnell einmal das Gegenteil kommunizieren, unter dem Motto, „ist ja nicht so schlimm“ oder „reg dich nicht auf“ … und das würde das Opfer zum zweiten Mal kränken.

Was meinst du dazu? Welche Erfahrungen hast du gemacht mit dem Wartenkönnen? Hattest du Erfolg damit?


Elke Pfitzer