„Und wie sagst du?“

Wenn alles selbstverständlich wird

Danke 102/365. Dennis Skley/CC BY-ND 2.0

Schon früh in meinem Leben wurde ich angehalten, dankbar zu sein. Als Kind habe ich diese Ermahnungen gar nicht geliebt. Da gibt der Metzger einen Wurstzipfel und die Mutter steht daneben und sagt: „und wie sagst du?“ – „danke“ – oh, nein, ich hatte es schon wieder vergessen…

Irgendetwas ist in uns Menschen, dass wir dieses kleine Wort schlichtweg vergessen zu sagen. Und wenn wir es als Kinder nicht eintrainiert bekommen, dann können wir es jetzt als Erwachsene auch nicht. Und damit werden es auch die heutigen Kinder nicht lernen. Das ist dann jene Situation, die so oft beklagt wird, dass die heutige Jugend alles als selbstverständlich ansieht. Klar geht meine Tante mit mir ins Kino. Dass die Tante das Kind eingeladen hat und alles bezahlt, geht dabei unter.

Sicherlich hat das alles auch mit der Einstellung zu Besitz und dem heutigen Wohlstand zu tun – und mit den derzeitigen Zahlmitteln. Das Geld kommt irgendwoher. Die Unmittelbarkeit von Arbeit und Lohn fällt weg. Alles geschieht irgendwo digital – der Lohn wird auf ein Konto überwiesen und ich bezahle mit Karte. Hätten wir Bargeld in die Hand gedrückt bekommen, wäre die Unmittelbarkeit gegeben. Aber das Bargeld gibt es heute allenfalls vom Opa oder der Oma – Bargeld klingt schon fast antik. Aber das soll hier nicht das Thema sein.

Es geht uns um die Dankbarkeit. Das schliesst nicht nur das „Dankesagen“ eines Kindes ein, sondern eine tiefere Haltung, die sogar für unsere seelische Gesundheit von grosser Bedeutung ist. Manchmal schleicht sich im Alltag so etwas wie Unzufriedenheit ein. Was mache ich hier nur? Wozu ist das alles gut? Jeden Tag der alte Trott. Gegen diese vermeintliche Sinnlosigkeit hilft danken. Es ist ein Heilmittel gegen die Selbstverständlichkeit des Alltäglichen.

Aber wem? Und wofür?

Ich danke allen, die mir etwas geben. Ganz konkret im Alltag heisst das, am Tisch wird mir die Butter oder die Milch gereicht, und ich sage danke. Mir wird etwas gebracht, ich sage danke. Im Verkehr lässt mir ein anderer Autofahrer den Vortritt, ich bedanke mich mit Handzeichen. Für die einen von uns ist das in Fleisch und Blut übergegangen, andere denken, ich habe es verdient, deshalb dienen mir alle anderen.

Sicherlich leben wir auf Dauer seelisch gesünder, wenn wir uns vor Augen halten, dass diese kleinen Dinge des Alltags nur ein Ausdruck davon sind, dass unser ganzes Leben verdankt ist. Gute Kinderstube hin oder her: Letztendlich hat sich niemand von uns selbst geschaffen. Allein für die Tatsache, dass wir leben, können wir danken. Wir atmen, wir geniessen eine gewisse Freiheit, Bewegungsfähigkeit, Kommunikationsmöglichkeiten, die Schönheit der Natur, die Jahreszeiten in unseren Breitengraden, eine relative Zuverlässigkeit und ein Grundvertrauen in der Gesellschaft. Wir reisen in der Welt herum, weil wir in den meisten Ländern willkommene Gäste sind.

Wir danken den Menschen in unserem Umfeld, und vielleicht auch Gott, wenn wir an einen Gott glauben. Einem Gott, der versorgt und gute Gaben gibt, der uns beschützt und unser Bestes will.

Erst kürzlich kam mir mit einer Zeitschrift „Das kleine Dankbarkeits-Tagebuch“ ins Haus geflattert. Eine gute Idee, sich jeden Tag am Abend ein paar Dinge aufzuschreiben, wofür man dankbar ist. Ich habe mir auch angewöhnt für bezahlte Dienstleistungen zu danken und erst recht innerhalb der Familie. Wir sind alle auf die kleinen Handreichungen und Hilfen angewiesen.

Morgens aufwachen und für den neuen Tag danken, für neue Möglichkeiten, den Tag zu gestalten – das gibt ein positives Grundgefühl.

Probier’s aus und schreib mir deine Erfahrungen damit! Was denkst du dazu? Gleich hier unten im Kommentarbereich. Ich freue mich.


Elke Pfitzer