Was macht uns den Kopf frei?

Pilgern als Urlaubsform – drei Phasen einer Auszeit

Was macht uns den Kopf frei? Pfarrei St. Bonifatius Berlin/CC BY 2.0

Die Saison hat begonnen. Wer nicht an die Schulferien gebunden ist, kann bereits im Frühjahr in den Urlaub fahren. Aber wohin? Und was machen? Irgendwann kennen wir die Welt, vor allem wenn wir schon früh mit den Eltern begonnen haben, sie zu bereisen. Und mit all den Dokumentationssendungen im Fernsehen haben wir sowieso das Gefühl, wir kennen die anderen Kontinente, ohne selbst dort gewesen zu sein. Manchmal sind wir geschäftlich unterwegs und haben dann das Gefühl, sicher nicht in ein fremdes Land reisen zu wollen.

In dieser Situation stellt sich die Frage: Was ist Erholung? Was ist ein erholsamer Urlaub? Im Gespräch mit Freunden stelle ich fest, dass das definitiv für jede Familie anders ist und mittlerweile nichts mehr mit den zur Verfügung stehenden Mitteln zu tun hat. Die große Frage ist: Was macht uns den Kopf frei?

Ein Trend ist das Pilgern. Mittlerweile ist diese Form der Arbeitsunterbrechung sogar an der Universität Innsbruck psychologisch untersucht und soll sogar bei „nicht-religiösen“ Menschen in Sinnkrisen helfen. Kerkelin „Ich bin dann mal weg“ hat das Pilgern in den letzten Jahren für alle Gesellschaftsschichten populär gemacht. Der Weg ist vorgegeben, ausgeschildert. Die täglichen Bedürfnisse werden von den Herbergen abgedeckt. Nichts planen, organisieren, denken – einfach gehen in der großen weiten Natur. Dass sich hierfür der Jakobsweg, v.a. die Route in Nordspanien, eignet, ist verständlich.

Das Pilgern nimmt die drei Phasen der Erholung auf: Es ist ein „Herausgehen“ aus dem Alltag, alles hinter sich lassen – auch geografisch, erst recht innerlich. Die Monotonie des Gehens hilft dazu. Dieses Leerwerden ist nötig, um Klarheit über Grundfragen zu erhalten – meistens ist es der Sinn des Lebens, generell und im Moment. Auch das Ablegen der normalen Kleider hilft. Und dann sind alle, denen wir auf diesem Pilgerweg begegnen, gleich. Alle sind auf der Suche. Diese Solidarität hilft und zieht mit.

Dann kommt die neutrale Zone. Sie ist nicht so leicht auszuhalten. Die gewünschte Leere ist eingetreten und dann kommen Gefühle und Gedanken, die so lange unterdrückt waren. Manchmal ist es auch eine Langeweile, aber die Gelegenheit für mehr Achtsamkeit und tieferes Erleben übertrifft alle Erwartungen. Wir kommen mit den Tiefenschichten des Seins in Berührung. Und diese Phase dürfen wir nicht abkürzen. Sie ist unendlich wertvoll.

Am Ziel angelangt genießen wir den Erfolg, den Weg geschafft zu haben. Und dann empfiehlt es sich noch ein paar Extra-Tage zu nehmen, um auch den Wiedereinstieg in den Alltag bewusst zu gestalten. Denn: Wir sind eine andere Person geworden. Natürlich gilt das für jede Reise und jede Erfahrung oder Ausbildung, die wir machen. Sie alle verändern uns. Der Alltag zu Hause ist aber meistens derselbe geblieben. Deshalb ist auch hier eine Extra-Portion Raum und Zeit einzuplanen.

Diese drei Phasen gelten als Grundstruktur für jede Auszeit. Sei es ein Wochenende, eine Wanderwoche, ein längerer Urlaub. Dabei ist es hilfreich, die inneren Prozesse schriftlich festzuhalten, am besten von Hand geschrieben in einem Tagebuch. Das verlangsamt und bringt uns mit uns selbst besser und tiefer in Berührung.

Was sind deine Erfahrungen, den Kopf frei zu machen? Was hat dir schon geholfen? Schreib hier unten einen Kommentar. Das wird uns allen weiterhelfen.

Bis zum nächsten Mal


Elke Pfitzer