Lassen sich Trennung, Tod und Trauer transformieren? (Teil 1)

Hoffnungsgedanken im Monat November

Von klein an, bin ich mit dem Friedhof aufgewachsen. Weil mein Vater der jüngste von vielen Geschwister ist, kannte ich meine Grosseltern nicht – sie waren vor meiner Geburt gestorben. Aber die ganze Sippe traf sich einmal im Jahr zum Totengedenken – und zum Feiern und sich Wiedersehen. Endlos war die Diskussion über die Grabpflege am Familientisch. Im Sommer wurden wir als Kinder öfters zum Blumengiessen an das Familiengrab geschickt. Irgendwie gehörte der Friedhof immer zu meinem Leben.

Zudem wurde mir beigebracht, dass wir alle nur einmal leben. Das macht das jetzige Hiersein kostbarer. Zeit kehrt nicht wieder zurück. Unsere Tage zu zählen macht uns weise. Jeder möchte ein Vermächtnis hinterlassen.

Der November konfrontiert uns mit unserer eigenen Vergänglichkeit. Wenn es draußen neblig und trüb wird, dann werden wir an das Ende unseres eigenen Lebens erinnert. Wer zu trüber Stimmung neigt, dem kommen dann schon mal die Gedanken, ob es nicht einen guten Tod gibt.

Unsere Gesellschaft führt diese Diskussion immer mal wieder: Der gute Tod – Euthanasie als Lösung zu einem inneren oder äußeren sinnlosen Leiden. Nein, der Tod ist nie gut, weil es Trennung von Beziehung bedeutet. Aber was wir wirklich suchen ist ein gutes Sterben – und das ist nicht dasselbe. Niemand will allein sterben und niemand will leidend sterben. Das zeigen die gängigen Statistiken zu diesem Thema.

Die Trennung von geliebten Menschen ist immer schmerzhaft, wenn sie abrupt stattfindet manchmal sogar traumatisch. Jede Trennung stellt die eigene Existenz in Frage – wer bin ich, dass ich noch lebe? Wozu bin ich hier?

Trauerverarbeitung kostet genau deshalb sehr viel Energie, weil sich ein Meer von tiefen, existenziellen Fragen vor uns auftut. Dann ist entscheidend, ob wir ein Floss oder Boot finden, das uns über den Ozean zu neuen Ufern bringt, oder ob wir mit unseren Fragen in der Tiefe unserer traurigen Seele versinken. Ja, es ist Kommunikationsabbruch, aber es ist nicht nur etwas Trennendes, sondern es liegt darin auch etwas Verbindendes, wenn wir lernen und akzeptieren, dass wir alle irgendwann sterben. Nur im vermeintlichen Individualismus unserer Zeit denken wir Tod und Sterben im Singular – ich, du, er/sie/es stirbt. Es ist quasi „befristet“ denken.

Erweitern wir unseren Horizont, dann muss der November nicht ein trauriger Monat sein. Voll Dankbarkeit können wir auf jene Menschen schauen, die uns vorangegangen sind. Sie haben uns Erbgut, Wissen, Weisheit und allerlei Lebens-Lektionen hinterlassen. Wir stehen auf ihren Schultern. Vielleicht sollten wir einfach Stolz sein auf unsere Vorfahren. Denn ihren positiven Lebenswandel übernehmen wir, aus dem schlechten lernen wir.

Wofür bist du deinen Vorfahren dankbar?

Was lernst du aus ihrem Leben?

Bis zum nächsten Mal,

Elke Pfitzer