Was tun, wenn die Fliehkräfte grösser sind

Auf der Suche nach dem gemeinsamen Nenner

An architecture of participation. Opensource.com/CC BY-SA 2.0

Es liegt in der Natur von Führung, unterschiedliche Gedanken und Ideen als auch verschiedene Persönlichkeiten zu einem Ganzen zusammenzufügen, um ein Ziel zu erreichen. In einer zunehmend fragmentierten Gesellschaft mit immer größerer Individualisierung gleicht dieses Unterfangen der Akrobatik auf dem Hochseil. Es ist eine hohe Kunst.

Tatsache ist, dass Betriebe nicht mehr für sich erfolgreich sein können. Die Zeit der Einzelkämpfer und Self-Made-Men ist vorbei. Wir schöpfen zwar Kraft aus uns selbst, brauchen aber andere, um Erfolg zu haben. Aber: Zusammenhalt entsteht nicht von selbst. Kohäsion ist ein gesellschaftlicher und wirtschaftspolitischer Auftrag. Gefragt sind daher Verantwortungsbewusstsein und ein Führungsstil, der den Zusammenhalt fördert. In seinem diesjährigen Leadership Report beschreibt Franz Kühmayer drei Säulen dieses gemeinschaftsorientierten Führens: Purpose, Education, Participation – Sinn, Bildung, Teilhabe.

Entscheidend für ein gutes Miteinander im Betrieb ist das Verständnis der Sinnhaftigkeit. Dazu gehört, den eigenen Daseinszweck schlüssig erklären zu können und in den Kontext der Öffentlichkeit zu stellen. Freude am Helfen, der Wunsch, etwas für das Gemeinwohl zu tun, der Gesellschaft etwas zurückzugeben sind wichtige Motive. Das hat immer auch mit sozialer Anerkennung zu tun; nicht als Feigenblatt von Corporate Social Responsibility, sondern aus einem inneren Antrieb des Unternehmens heraus. Dieser tiefere Sinn darf kein Nebenprodukt der normalen Geschäftstätigkeit sein, sondern ist das zentrale Kernelement. Das hat mit Nachhaltigkeit zu tun, mit ethischer Vorbildwirkung, mit Engagement. Dazu gehört auch, das Gemeinwohl in den Fokus zu rücken, von der betriebswirtschaftlichen auf die volkswirtschaftliche Perspektive umzuschalten, von Kundenzielgruppen zur Gesellschaft als Ganzes. Die Schlüsselfrage lautet: „Wieso wird die Welt ein Stück weit besser, weil es uns gibt?“

Bildung schafft Zusammenhalt. Sie ist nicht nur der Schlüssel zu wirtschaftlicher, sondern auch zu sozialer und kultureller Teilhabe und damit Grundvoraussetzung für eine Orientierung an gemeinsamen Werten. Bildung ist in der Lage, unterschiedliche Startvoraussetzungen auszugleichen und damit soziale Durchlässigkeit zu fördern.

Gesellschaftliche Mobilität und das Überwinden von Herkunftsgrenzen sorgen für eine Durchmischung von Lebensgeschichten, für Erfahrungsaustausch und Perspektivenwechsel.

Ob das Bildungssystem mit den Herausforderungen der Zukunft Schritt halten kann, ist Gegenstand leidenschaftlicher Diskussionen. Besonders für Unternehmer ist ein pragmatischer Zugang ratsam: Nicht klagen, sondern handeln.

Werden derartige Bildungsangebote von Schulen nicht zeitnah und in ausreichender Qualität und Anzahl geschaffen, wird es umso mehr zur unternehmerischen Pflicht, die eigenen Weiterbildungsangebote zukunftsfit zu gestalten. Um Zusammenhalt zu stärken, müssen daher die Schulungs- und Trainingspläne auf den Prüfstand gestellt werden.

Teilhabe und Mitbestimmung sind Ressourcen, die für den Zusammenhalt und das Gelingen von Gemeinschaften essentiell sind. Soll die gemeinschaftliche Tatkraft gestärkt werden, müssen Handlungsspielräume geöffnet werden. Bei Teilhabe denken wir meistens zuerst an finanzielle Beteiligung. Sie führt aber in eine motivatorische Sackgasse. Leistungsabhängiger Lohn führt zu lohnabhängiger Leistung. Wer sich nicht wirklich einbringen kann, sondern finanziell abgespeist wird, wird sich nur im Rahmen seiner eigenen Interessen beteiligen und gleichzeitig sein Anspruchsdenken im Laufe der Zeit weiter steigern.

Wer dagegen seine Stellenbeschreibung selbst gestalten, mit anderen Mitarbeitern Ziele und Maßnahmen festlegen kann, wer Verantwortung für das Gelingen oder Scheitern von selbstdefinierten Vorhaben übernehmen darf, wer nicht nur dafür belohnt wird, in existierenden Strukturen bestmöglich zu glänzen, sondern Strukturen verändern und gestalten kann, wer nicht nur das Kleingedruckte bearbeiten, sondern am großen Ganzen mitarbeiten darf, fühlt sich tatsächlich beteiligt.

Partizipation bedeutet, sich einsetzen zu können, zu dürfen – und auch zu müssen. Nicht nur für wirtschaftlichen Erfolg, sondern auch für ein gegenseitiges Vorankommen, im Geiste des gemeinsamen größeren Ziels.

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Elke Pfitzer