Einsatz für die Würde des Menschen
Würdevolle Personen dürfen sich nicht länger zurückhalten
Die vergangenen Monate waren immer wieder geprägt von Nachrichten über Rassismus. Ich meine, tätige Übergriffe, Gewalt und Mord an Menschen einer anderen Volksgruppierung, obwohl sie dieselbe Nationalität hatten. Während in Deutschland das Gespenst von rechts heraufbeschworen wird, ist es jenseits des Atlantiks die Frage von kaukasisch oder afrikanisch, weiß oder stärker pigmentiert?
Der normale Bürger weiß, dass hier Unrecht geschieht, fühlt sich aber meist hilflos, selbst etwas dagegen zu tun. Was wir am besten können ist, auf die Straße gehen und demonstrieren. Aber wo sollte das Problem angepackt werden?
Im christlichen Abendland ist der Kern des Rechts gegen dieses Unrecht so formuliert: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Und tatsächlich wird dies auch sehr propagiert, wenn es ums sterben geht. „Würdig sterben“ ist dann hervorgehoben.
Ich frage mich, ob wir uns nicht noch mehr dafür einsetzen sollten, dass alle unsere Mitbürger auch würdig leben können.
Wir empören uns, wenn etwas „menschenunwürdig“ ist, z.B. gewisse Lebensbedingungen oder Umgangsformen. Aber reden wir auch darüber, wie wir das zutiefst Menschliche in uns?
Ich bin über eine Webseite gestolpert: Würdekompass.
Der Würdekompass ist eine Initiative rund um den Neurobiologen und Hirnforscher Gerald Hüther und der Akademie der Potenzial-Entfaltung. Ihr Anliegen ist es, dieses zutiefst Menschliche in uns wiederzuentdecken und einander zu helfen, es füreinander zu bewahren.
Denn wenn wir die Gewalt gegen Menschen anderer Herkunft anschauen, dann lässt sich tatsächlich erkennen, dass diese Täter sich oft ihrer eigenen Würde nicht bewusst geworden sind. Deshalb können sie sie auch nicht bewahren. Gerald Hüther sagt dazu: „Deshalb muss jede demokratische Gesellschaft Bedingungen des Zusammenlebens schaffen, die es allen Bürgern … ermöglichen, eine feste Vorstellung und ein klares Bewusstsein ihrer eigenen Würde herauszubilden.“
[Gerald Hüther auf ‚Würde und Demokratie‘ im Mai 2019 in Hannover]
Personen, die sich ihrer Würde bewusst geworden sind, lassen sich von niemandem einreden, dass sie dies oder das noch brauchen, um glücklich zu sein.
Das Problem ist nur, dass man sie in einer immer hektischen, bunten und lauter werdenden Welt auch zunehmend schlechter sieht und hört. Denn es ist ja ein Wesensmerkmal würdevoller Personen, zurückhaltend zu sein, sich achtsam und umsichtig zu verhalten. Es wird nicht ausreichen, still zu halten und zu versuchen, ein gewisses Verständnis für das würdelose Verhalten anderer aufzubringen. Es nützt auch nichts, sich darüber zu empören. Es wird nötig sein, sich zu zeigen und es nicht länger als unter seiner Würde zu betrachten, öffentlich Stellung zu beziehen, auszusprechen, was man so nicht länger hinzunehmen bereit ist, und im Rahmen seiner Möglichkeiten dafür zu sorgen, dass die Würde von Menschen nicht länger mit Füßen getreten, verletzt und untergraben wird.
Dann wäre in diesem Zusammenhang die Zivilcourage neu zu entdecken. Vielleicht klingen diese Wörter etwas altmodisch … ich bin überzeugt, dass ihre Praxis zum Ziel führt. Lasst uns neu mit Zivilcourage für die Würde jedes Menschen einsetzen!
Elke Pfitzer