Es lebe das Gefühl der Ganzheit
Der Sommer zeigt das Körperbild der Gesellschaft
Es ist Sommer. Das Leben im Freien lässt uns unsere eigene Freiheit spüren. Schwimmen scheint hier sehr geeignet zu sein. Das Wasser umfängt uns und gibt uns Geborgenheit. Wir gleiten dahin. Naturgewässer, wie große Seen oder das Meer, zeigen uns erst recht wie groß dieser Freiraum ist. Die Atmosphäre ist sportlich. Hier noch ein paar Beachvolleyballer, dort ein paar Mountainbiker. Jeder Sommer lädt uns ein, unserem Körper näher zu kommen. Je nachdem wie wir aufgewachsen sind, erleben wir ihn als Teil von uns, integriert und schön, oder aber als lästigen Anhang unseres Geistes und Verstandes.
Die ganze Gesellschaft entwickelt sich in dieser Hinsicht ständig. Im Moment dominiert die Einstellung, wir müssten an uns und unserem Aussehen noch etwas verbessern. Körperbilder verändern sich mit den Jahrhunderten. Mit dem Aufkommen der Schönheitschirurgie hat sich die Wahrnehmung des Äußeren gewandelt. Es hat die Möglichkeit zur Perfektionierung geschaffen.
Aber wer setzt den Standard dessen, was schön ist? Es herrscht eine Ideologie der Machbarkeit, die auch vor unserem Körper nicht Halt macht. Jetzt ist das durch die sozialen Medien verstärkt – das Vergleichen macht die eigene Identität und Selbstannahme nicht einfacher. Bilder beeinflussen uns nachhaltig, ohne dass wir es überhaupt merken.
Das Streben nach Perfektion hat uns aber auch von unserem Körper entfernt, ja fast entfremdet. Zugleich hat das auch Auswirkung auf unsere Persönlichkeit. Weil wir unserem Körper untreu sind, missachten wir eine Reihe grundlegender Bedürfnisse wie genügend Schlaf und rechtzeitige Ruhepausen. Wir überholen uns selbst, machen einfach weiter, obwohl wir müde sind. Im Gegenzug schlucken wir Antidepressiva, um im Tempo mithalten zu können. Die Gespaltenheit unseres Seins macht uns krank. Vielleicht dient dieser Sommer auch dazu, die verschiedenen Facetten unseres Seins wieder zu integrieren und dem einen oder anderen Gefühl nachzuspüren. Bei einer Bergtour unsere Muskeln und Fitness testen, über Wiesen und Felder gehen und allerlei Düfte einatmen, oder auch nur stillsitzen und den Vögeln zu hören …
So sitze ich im Schwimmbad auf der Bank, lasse mich von der Sonne trocknen und die gesellschaftliche Realität an mir vorbeiziehen: Schlanke, korpulente, große, kleine, Kinder, Familien, ältere fitte Schwimmerinnen und Schwimmer. Die meisten sind ganz bei sich, genießen das Leben und auch die Gemeinschaft, in der sie leben. Vielleicht ist das die Lektion, die wir mitnehmen können:
Bleib ganz bei dir, du bist vollkommen, so wie du bist. Das Gefühl der Ganzheit legt die Grundlage für unsere Integrität.
Weiterhin einen schönen Sommer!
Elke Pfitzer