Bin ich fremdbestimmt?

Auf dem Weg zu einem würdigeren Miteinander

In den Achtziger Jahren als der Kalte Krieg noch in vollem Gange war, blühte auch die Friedensbewegung. Unzählige Wochenenden verbrachte ich zum Thema „Abrüstung“. Manchmal fand ich das sehr theoretisch und weit weg. Als dann jedoch eine Mirage in meiner Heimatstadt knapp neben einer sehr großen pharmazeutischen Firma abstürzte war klar: Wir gehen dorthin und demonstrieren. Mit friedlichen Menschenketten bekundeten wir unsere Einstellung und zugleich unsere Solidarität mit den Opfern.

In all diesen Rüstungsabkommen fühlten wir uns als Jugendliche fremdbestimmt. Irgendwo an höherer Stelle wird über unsere Zukunft entschieden. Es war das Erleben unseres Menschseins als Objekte irgendwelcher Politiker.

Und so geschah, was in jeder guten Familie passiert: Wenn sich Kinder nicht mehr als Subjekte empfinden, sondern als Objekte, die umher kommandiert werden, dann rebellieren sie.

Es ist zwar in unseren Verfassungen verankert, dass die Würde des Menschen zu schützen ist, aber dagegen verstoßen die meisten von uns wohl täglich mehrmals.

Die Würde zu schützen bedeutet, andere Menschen als Subjekte zu sehen und zu behandeln. Sie haben einen freien Willen und lenken ihr Leben gerne selbst. Die erlernte Selbstwirksamkeit der ersten Lebensjahre wird bewahrt und verteidigt.

Wer dies missachtet, bekommt Ärger in Form von Schlägen, Schreien, Gehorsamsverweigerung, Flucht oder Demonstrationen. Kein Mensch möchte zum Objekt gemacht werden, erst recht nicht Kinder. Leider geschieht dies in der Schule allzu oft, was dann in einer mangelnden Lernmotivation festzustellen ist. Während Kinder in den ersten Lebensjahren ihre Welt selbst entdecken lernen, wird ihnen in der Schule plötzlich vorgegeben, was sie lernen sollen. Diesen Übergang schaffen nicht alle Kinder gleich gut.

Um Schülerinnen und Schüler weiterhin als Subjekte zu behandeln ist es sicherlich gut, weiterhin das Entdecken zu fördern. Die Fächer Physik, Chemie, Biologie und Geografie eigenen sich dazu bestens. In Klassendiskussionen könnten dann Projekte mit praktischen Lösungen vorgeschlagen werden, damit diese Welt zu einem besseren Ort wird.

Zu Hause sollten sich Eltern und Erziehende zwischendurch weigern alle Fragen der Kinder zu beantworten, sondern sie vielmal selbst herausfinden lassen, was die beste Lösung für ein Problem wäre. Mit Hilfe von Suchmaschinen auf dem Internet und analogen Lexika bereitet das keine Schwierigkeit. Das steigert die Selbstwirksamkeit des Kindes ungemein.

Als Erwachsene fühlen wir uns selbst ab und zu wie Objekte. Was machen die Politiker mit uns? Werden wir von den Medien für „dumm verkauft“? Ist die lesende Bevölkerung vor allem zahlende Kundschaft? Wenn Einwohner eines Landes als Stimmbürger behandelt werden, um die „gekämpft“ wird – dann sind wir Objekte.

Interessanterweise ist der erwachsene Mensch sehr gewohnt, zum Objekt gemacht zu werden. Wird mit diesem Objekt gespielt, ist dies noch offensichtlicher. Und jeder Mensch weht sich dagegen – auf die eine oder andere Weise.

Vielleicht reflektieren wir unser eigenes Verhalten in unserem je eigenen Berufs- und Lebensumfeld: Behandle ich andere Menschen als Subjekte oder als Objekte?

Herzlich,

Elke Pfitzer