Demut als neues Modewort?

In letzter Zeit scheint Demut in aller Munde zu sein. Haben wir es mit einer Bekehrung der Politiker und Journalisten zu tun? Oder ist das ein Teil davon, wie jetzt um Stimmen für eine Wahl geworben wird?

Meistens ist der Gebrauch des Wortes mit einem Fingerzeig auf die Regierenden, das Parlament und andere Entscheidungsträger verbunden. Insbesondere in Zeiten von Wahlkampf eignet es sich, die moralische Keule zu schwingen, ohne selbst an diesem Maßstab gemessen werden zu können. Junge aufstrebende Politikerinnen und Politiker, die noch nie ein höheres Amt innehatten. Sie wollen Demut und eine neue Atmosphäre im politischen Diskurs, so sagen sie. Allerdings ist das die Katze im Sack gekauft: denn nur Taten schaffen Vertrauen. Oder verfallen wir einem blinden Glauben an schöne Worte und deren Verheißungen? – nur aus einer Anti-Haltung heraus? oder gar eine Politikverdrossenheit? Ist die Grundlage von Demut eben nicht genau das Zurückstehen nach erwiesenem Kompetenzerweis? Demut kann eben vom anderen nicht gefordert noch erzwungen werden. Sie liegt im Menschen, ist eine Tugend, deren die Gottesfurcht zugrunde liegt.

Selbst die Medien nehmen das Wort „Demut“ auf. Ja, es ist eine Ableitung aus dem Althochdeutschen „diomuoti“, so lesen wir, was nichts anderes als „Bereitschaft zum Dienen“ bedeutet. Der stellvertretende Chefredakteur dieses politischen Magazins warnt damit vor einem Turmbau zu Babel und will, dass die (epidemiologisch) Ehrgeizigen sich ihres Höhenrauschs besinnen. Ob er sich jedoch im Sprachengewirr von Babylon Gehör verschaffen kann, bleibt fraglich. Leben wir nicht schon lange in der Selbsterhöhung des Menschen?

Mit der Bereitschaft zum Dienen ist sicherlich die richtige Richtung angezeigt. Aber es ist leider keine äußere Handlung, etwas, das schnell mal „gemacht“ werden kann, sondern entspringt dem Charakter des Menschen, der wiederum durch entsprechende Gewohnheiten entwickelt wird. In einer Zeit der Oberflächlichkeit müssten wir doch noch etwas tiefer graben. Interessant bleibt dennoch, dass solch ein altmodisches Wort plötzlich Aufwind bekommt – ein guter Anknüpfungspunkt, um darüber noch sorgfältiger zu reden – und sich vielleicht auch selbst an der Nase zu nehmen. Das Problem ist jedoch, dass man Demut an sich selbst nicht feststellen kann. Das ist nur durch das Feedback von außen zu erfahren, was wiederum eine ehrliche und wohlwollende Gemeinschaft voraussetzt.

Herzlich,

Elke Pfitzer