Das WEF – eine jährliche Auseinandersetzung

Auf der Suche nach einer Ergänzung zur säkularen Globalisierung

Es ist schon fast langweilig geworden. Jedes Jahr gibt es diese Anti-Globalisierungsdemonstrationen rund um das Weltwirtschaftsforum in Davos. Globalisierung steht als Schimpfwort für Ausbeutung. Aber wollte der Kommunismus nicht auch eine weltweite Befreiung der Proletarier? Wie steht es wirklich? Werden die Armen immer ärmer? Hat der Kapitalismus so gnadenlos zugeschlagen?

Aufgrund des Treffens in Davos fühle ich mich in die Ideologiezeiten des 20. Jahrhunderts zurückversetzt. Dabei diskutieren die Menschen am WEF durchaus Zukunftsthemen.

Hier werden Wege gesucht, die Einheit und den Frieden der Gesellschaft versuchen zu wahren. Neue Innovationen und Lösungsvorschläge werden gemacht. Eine faszinierende Woche mitten im kalten Winter. Dabei wird auch klar, dass die Globalisierung bereits erfolgreich von seiner Gegenbewegung ergänzt wird: nämlich der Lokalisierung. Der Slogan wurde Realität: global denken, lokal handeln. Das eine geht ohne das andere nicht mehr. Natürlich werden wir nicht immer verstehen, warum trotzdem Monokulturen angelegt werden, damit am anderen Ende der Welt das angebaute Quinoa verkauft werden kann. Unsere Essenskultur hat sich verändert, weil wir zu jeder Jahreszeit Früchte und Erzeugnisse aus der ganzen Welt im Supermarkt kaufen können.

Schon längst wurde unsere Weltanschauung „glokal“. Wir kaufen in der Welt ein und konsumieren es zu Hause mit Familie und Freunden. Denn, als Menschen sind wir soziale Wesen. Die Familie und der Nachbar zählt. Das Kriterium für unser Leben muss „direkt und nachhaltig“ sein.

Alles in uns Menschen ist auf Fortpflanzung angelegt. Geschichte ist ein Teil von uns – und damit die Zukunft. Sonst würde die Gegenwart keinen Sinn machen. Wofür würden wir leben? Wofür würde sich unser Einsatz lohnen? Er lohnt sich doch nur, wenn es ein Morgen gibt, und ein Übermorgen. Wenn Kinder geboren werden, für die wir sorgen und in der Gesellschaft verschiedene Generationen zusammenleben – auch übermorgen noch. Dies zu ermöglichen erfordert nachhaltiges Denken und Handeln.

Wichtig wäre die Globalisierung noch in einem anderen Aspekt zu korrigieren:

Globalisierung will „neutral“ und säkular funktionieren, während eine Lokalisierung ohne die Wurzelstruktur der jeweiligen Religion nicht auskommt. Mit dieser Feststellung im Hinterkopf täte es der Schweiz vielleicht gut, sich in dieser Hinsicht nicht der Neutralität hinzugeben, sondern Farbe zu ihrer eigenen Geschichte der Reformation zu bekennen. Vielleicht wäre das eine Möglichkeit, der Welt zu zeigen, dass Globalisierung und Religion durchaus nebeneinander Platz haben. Das würde dann auch alle säkularen Verkrampfungen lösen, die in einer Welt voller Migranten so offensichtlich fehl am Platz ist. Bekennen wir uns dazu, dass Religion zum Menschen gehört, wird eine neue Gesprächskultur möglich – und eine neue Toleranz. Diese wird dann nicht mehr durch die Intoleranz der Säkularvertreter kompromittiert, sondern in aller Ehrlichkeit neu gelebt.

Haben wir Mut zu einer neuen Lokalisierung, die Religion umarmt und damit neue Gesprächsräume in der Gesellschaft öffnet.

Ich bin gespannt, ob auch die etablierten Medien diese Chance bald ergreifen. Kleine Anzeichen gibt es. Hoffen wir weiter.

Bis bald,


Elke Pfitzer