Wenn Illusionen zerplatzen
Gutgemeinte Projekte können am eigenen Weltbild scheitern
Es gibt es im Leben immer mal wieder: Wir geben uns Illusionen hin. Unser eigenes Weltbild kann die Realität nicht wahrnehmen. Mir selbst ging es vor gut einem Monat so. Mit idealistischer Einstellung habe ich ein Wochenprojekt lanciert, von dem ich mittlerweile sagen muss, dass das Ergebnis zwar nicht so schlecht rauskam, aber mit einem hohen Preis für meine eigene Gesundheit und der Zuversicht für künftige Projekte. Was war geschehen?
Menschen helfen zu wollen, der heldenhafter Einsatz für Bedürftige, das selbstüberzeugte Auftreten mit der Gewissheit gemachter Erfahrungen gibt uns Kraft und Vision, Gutes zu tun. Meistens werden wir von unserem Umfeld dazu ermutigt. Unter dem Motto: „Endlich jemand, der etwas tut.“
Das Problem ist, dass es nicht allein von unserem guten Willen, unserem Wissen und unserer Erfahrung abhängt, ob ein Projekt gelingt. Meistens gibt es Teammitglieder und freiwillige Helfende, geografische und meteorologische Umstände, die für einen erfolgreichen Ausgang der Initiative mitausschlaggebend sind. In meinem Fall habe ich in der Auswertung eine Menge gelernt und ich bin froh, dass niemand anders Schaden litt.
Anders ist es, wenn ganze Nationen zuerst aus Selbstschutz und dann aus humanitären Gründen ein Projekt in einem anderen Land versuchen durchzuführen, dessen Ausgang sie nicht absehen können. Während zwanzig Jahren sind lokale Erfolge erzielt. Aber beim letzten Streckenabschnitt tauchen Störungen auf, die das ganze Projekt scheitern lassen. Was ist passiert?
Eigentlich genau dasselbe wie in meiner Mikro-Situation. Das eigene Weltbild erhält einen Realitätscheck. Die eigene Überzeugung macht uns jedoch zuweilen blind für die echten Umstände. Und irgendwann haben wir uns so in das Projekt verrannt, dass wir für Außenkorrekturen nicht mehr empfänglich sind und das System scheint dann zu groß, um noch reformiert zu werden. Deshalb endet die Unternehmung in einem unüberschaubaren Desaster.
Was wir also auf internationaler Ebene sehen, steckt in uns allen. Hüten wir uns, mit dem Finger zu zeigen. Es wäre wohl angebrachter, Empathie mit allen Beteiligten zu teilen. Was am Hindukusch geschehen ist und geschieht gleicht einem Wollknäuel, der komplett verknotet ist. Wer wollte diese Vielschichtigkeit der Situation lösen können? Ein Vielvölkerstaat, der am Boden liegt; es ist auf dieser Welt momentan nicht das einzige Land. Wenn Korruption und Macht über Hand nehmen, ist es sehr schwer von außen zu helfen. Manchmal wird in unserem Bestreben zu helfen auch mal die Pause Taste gedrückt. Lass uns innehalten und dem eigentlichen Retter der Welt den Weg frei machen.
Elke Pfitzer