Das „Eins – Zwei – Drei“ der Religionen
Wie kann ich die Mauer der Religion durchbrechen?
Vor ein paar Wochen schon hatte ich vorgeschlagen, dass wir den extremen Säkularismus in die Ecke stellen und uns mit der zunehmenden Religionenvielfalt in unseren Breitengraden anfreunden. Verständlicherweise ist uns das nach fast 300 Jahren Aufklärung und Rationalismus fremd. Und was fremd ist, ist seltsam, ja, manchmal sogar furchterregend.
Deshalb ist das der Versuch, Religion an sich und Religionen wie wir sie rings um den Planeten Erde antreffen anfanghaft zu erklären. Vielleicht helfen ein paar Kategorien bereits, um sich in dem Gewirr von Göttern, religiösen Gesetzen und heiligen Büchern zurecht zu finden und dann selbständig das Gedankengerüst mit Inhalt zu füllen. Wer nicht auf einem anderen Kontinent gelebt hat, tut sich meiner Erfahrung nach sehr schwer, die Fremdartigkeit der Menschen in anderen Religionen zu umarmen und mit diesen Menschen Beziehungen zu bauen, auch über Sprachgrenzen hinweg. Religion scheint immer zunächst eine Mauer aufzubauen.
Dabei sind es Menschen wie du und ich, mit ihren Nöten und Sorgen um die Familie, aber auch ihren Freuden und Hoffnungen. Ich würde doch immer noch behaupten, dass es so etwas wie eine Universalität des Menschseins gibt, eine Würde und Besonderheit, die uns alle verbindet.
Genau diese Verbundenheit gilt es, zu betonen und durch das jeweilige Religionssystem hindurch zu sehen. Danach verstehen wir, dass alle Menschen das Bedürfnis haben zu erklären, wie alles entstanden ist, woher wir kommen und warum wir hier auf dieser Erde leben – und erst recht: warum wir leiden. Aus diesen Fragen heraus sind im Grunde vor allem drei Weltformeln entstanden. Die erste betont die Einheit von allem. Das nennt sich Monismus. Die zweite Erklärung sieht überall Gegensätze und erklärt alles Existierende im Dualismus. Die dritte Erklärung will auch Leben und Dynamik erklären, was zu einer ursprünglichen Dreiheit als Urgrund aller Existenz führt. Alle Religionen und das Christentum können einer der drei Erklärungssysteme zugeordnet werden.
Ellis Potter, ein Lehrer von mir und ehemaliger Zen-Buddhist, hat das sehr kurz und prägnant in seinem kleinen Buch „Drei Weltformeln“ beschrieben. Kein komplizierter Wirrwarr, sondern in klaren Gedanken wird der Leser auf ca. 100 Seiten durch alle drei Systeme geführt – immer mit der grossen Freiheit das eine oder andere System auszuprobieren und selbst weiterzudenken. Das Buch ist eine bewusste Reduktion auf das Wesentliche, ohne als lückenhaft zu erscheinen. Da erscheinen dann die kleinen Bücher zum Konfuzianismus und zu den chinesischen Religionen geradezu voluminös.
Ich bin nach wie vor überzeugt, dass wir unsere Lücken hinsichtlich der Religionen schliessen müssen, um den Herausforderungen und dem Alltag in den nächsten zehn Jahren gewachsen zu sein. Packen wir es an, suchen eine ruhige Ecke und lesen eine Runde. Werden wir zu wahren Weltbürgern!
Bis zum nächsten Mal
Elke Pfitzer